Ein warmer, salziger Wind weht mir ins Gesicht und ich spüre die Sonne auf meiner Haut, als wir mit unserem knallroten Mustang convertible über die Brücken des Overseas Highways in Richtung Key West düsen. Ich strecke meine Arme in die Luft und könnte schreien vor Glück und genau das mache ich auch und zwar so laut ich kann: Yuchhu! Yippie! Yeah! Das ist Leben, das ist Urlaub, das ist genau meine Temperatur, 28 Grad, jetzt fange ich erst an zu funktionieren. Ungefähr dreieinhalb Stunden dauert die Fahrt von Miami Beach bis zur südlichsten Spitze der USA, entlang der Florida Keys, dieser Kette von mehr als 200 Koralleninseln, die über 42 Brücken miteinander verbunden sind. Die wechselnden Blautöne des Meeres, cooler Sound aus den Boxen und die Vorfreude auf die kommenden Tage: jede Minute dieser Tour ist kostbar.
Bis zu einem Hurrikan im Jahr 1935 waren die Inseln durch eine Eisenbahnlinie verbunden, die zerstörte Bahnstrecke ist jetzt nur noch ein Denkmal im glitzernden Wasser. Parallel dazu gleiten wir mit unserem Cabrio auf einer der schönsten Straßen der Welt einfach über das Meer. Unwirklich! Und doch echt, das Wasser ist auch ohne Sonnebrille oder irgendwelche Filter leuchtend türkis, der Strand strahlend weiß. Einfach nur unglaublich schön diese Natur bis zum großartigen Finale, der Spitze der Inselkette, der Sackgasse: Key West.
Doch von dem romantischen Fischerdorf, das Ernest Hemingway einst gepriesen hat, ist nicht mehr viel übriggeblieben. Die Stadt erscheint mir wie die Erweiterung von Disney-Land, das südlichste Urlaubsparadies der USA ist picture-perfect herausgeputzt für den täglichen Ansturm der Touristen.
An jedem der blitzblanken Häuser mit seinen bunten Fensterläden weht mit Stolz die amerikanische Flagge. Alles ist perfekt durchorganisiert, auf der Amüsiermeile, der Duval Street, versprechen sämtliche Shops, Bars und Restaurants Karibik- und Urlaubsfeeling. Und genau wie in einem Themepark können die Touristenscharen auch hier in bunten Zügen durch die belebten Straßen fahren.
Die Hähne und Hühner, die überall herumlaufen, sind allerdings keine gackernden Roboter, sie sind aus Fleisch und Blut und gehören längst zum Stadtbild. Die Bewohner nennen sie Gypsy Chickens (Zigeuner-Hühner) und Eagles of Key West (Adler von Key West).
Vor dem Hemingway Museum wartet geduldig eine kilometerlange Menschenschlange auf Einlass. 10 Jahre hat der Schriftsteller hier gelebt, ein Muss zumindest auch für mich, (Fridaynightbookclub?! Hallo!!!), also stelle ich mich brav an. Nach dem langen Warten wird dies jedoch nur ein sehr kurzer Museumsbesuch, der Tierfreund Hemingway liebte Katzen und hat ein beträchtliches Vermögen seines Erbes den Katzen und ihrer Pflege vermacht. Dieses Zitat von ihm stammt natürlich aus seiner Zeit in Key West: Katzen erreichen mühelos, was uns Menschen versagt bleibt: durchs Leben zu gehen, ohne Lärm zu machen. 60 Tiere leben jetzt hier auf dem Anwesen, liegen auf und unter den Möbeln, streunern durch Räume und Gartenanlagen. Ein wahres Fest für Katzenliebhaber, nur leider ärgerlich für Leute mit Katzenhaarallergie. Mit tränenden Augen und kurz vor einem Asthmaanfall verlasse ich fluchtartig die verehrungswürdige Stätte.
Ich brauche sofort einen Drink und etwas zu essen wäre auch nicht schlecht. Aber das dürfte kein Problem sein, denn hier in Key West warten 240 Gastwirte auf hungrige Touristen. Wer von den ausladenden Portionen noch nicht satt geworden ist, der gönnt sich einen Sunset zum Dessert. Einfach nur hinter der Masse herlaufen oder in Richtung eines der zig Hinweisschilder. Das Naturschauspiel ist allerdings Nichts für den einsam-romantischen Heiratsantrag. Denn den Blick auf die untergehende Sonne teilt man mit hunderten anderer erwartungsfreudiger Besucher. Übrigens ist das Spektakel doppelt schön mit einem Mojito und dann vergißt man auch die vielen Menschen um einen herum!
Direkt dahinter, am Mallory Square, warten Straßenkünstler und unzählige Buden mit Kunsthandwerk, Souvenirs, Snacks, Eis und Getränken als kommerzielle Begleitung dieses Volksfestes zu Ehren der Sonne. Hatte ich so viel Trubel erwartet? Mit Sicherheit nicht, aber wer sich abseits der Hauptstraße auf einsamere Pfade begibt, erlebt Stille, stilvoll dekorierte Ferienhäuser und zwischendurch mal ein kleineres Restaurant, in dem auch gerne die Anwohner speisen. Seven Fish ist so ein Tipp, feinstes Essen auf kleinstem Raum.
Deshalb muss man auch reservieren. Seafood gibt es überall in dieser Stadt, besonders reichlich im Stoned Crab, etwas außerhalb der Innenstadt diniert man hier sehr luftig am Wasser.
Das beste Frühstück gibt es im Southermost Beach-Cafe, hier unbedingt Eggs Benedict bestellen, als großer Fan dieser Eierspeise kann ich nur sagen: sensationell! Und wie man sehen kann, dieses Frühstück reicht für den ganzen Tag!
Mein Hoteltipp ist das Parrot Key Resort, das Hotel hat einen eigenen kleinen Sandstrand, farbenfrohe Zimmer und zwei Swimmingpools. Hier ist es deutlich ruhiger, als in den kleinen Gästehäusern und Bed & Breakfasts der Innenstadt und deshalb ist dieses Resort mein absoluter Favorit.
Außerdem gibt es zu jedem Zimmer ein Strandstück oder einen Balkon zum Entspannen, dringend erforderlich nach einem turbulenten Tag in der Stadt und ganz egal, wie man den Trubel hier findet, wer nicht in Key West war, kennt die Keys nicht. Immerhin gibt es ja noch unzählige einsamere Inseln, perfekt zum Schnorcheln, Fischen, Kayaking. Und wer noch mehr Ruhe und Individualität sucht, fährt einfach wieder zurück. Auf halber Stecke, in der Casa Morada auf der Islamorada gönnen wir uns noch zwei unvergesslich schöne und ruhige Tage ohne Menschenmassen.
Das feine Boutiquehotel, einst ein heruntergekommenes Motel, verspricht luxuriöse Zimmer und eine atemberaubende Pool-Area mit sehr lässigem Karibikfeeling. »Gar nichts machen« ist hier das Motto, und wem das nicht reicht, der kann ja in einer Hängematte träumen, lesen, bowlen, Tennis spielen, schnorcheln, fischen, essen, trinken, Yoga praktizieren oder mit Captain Bill in seinem Boot eine sehr romantische Sunset-Segeltour genießen. (Übrigens: Freund, Mann, Lover, Partner, Kids oder Freunde sind natürlich welcome!)
Und weil ich den Kontrast liebe, gehen wir am Abend zum Dinner in einen echten amerikanischen Kultladen. In der Meat Eatery gibt es fetteste, saftigste Burger mit Pommes in schräger Deko, hier essen Einheimische und Touristen und schlürfen Bier aus Plastikbechern auf Resopaltischen. Woanders fände ich das vermutlich geschmacklos, hier ist es Kult! (Dessert nicht versäumen: Bread-and Butterpudding mit Vanillesauce und schön viel Schlagsahne!)
Absolut genialer Abend, bevor wir mehr als satt und deutlich beschwipst in unser kleines, sehr privates Resort wanken, in Vorfreude auf ein sprudelndes Wannenbad, (natürlich) mit Blick aufs Meer!
Nachmachen? Na klar doch. Hier kommen die Tipps für diese Reise:
Parrot Key Resort, Key West: (Schön auch mit Kindern, Preis-Leistungsverhältnis stimmt. Die Zimmer sind hell und freundlich, die Pool-Area sehr lässig!)
Stoned Crab, Key West: Seafood bis zum Umfallen!
Seven Fish, Key West: köstliches Essen, Mega-Tipp in Key West!
Southermost Beach Cafe, Key West: bestes Frühstück ( Eggs Benedict, hmmm, yummie!)
Hemingway-House, Key West: für Freunde des wohl berühmtesten amerikanischen Schriftstellers des 20 Jahrunderts und auch für Katzenliebhaber!
Casa Morada, Islamorada: traumhaftes Boutiquehotel, (sorry, nur für Paare und Kids ab 16!)
Dringend private Segeltour mit Bill buchen, so schön romantisch!
Meat, Eatery and Taproom, Islamorada: Kult mit Burgern und lecker Dessert!
Wer Fisch lieber mag: Fish Company, Islamorada: schöne Aussicht, Fisch auf Plastiktellern, ungezwungen und lässig!
Lust auf große Literatur? Diese Bücher von Hemingway kann ich euch empfehlen, allen voran die Biografie von Hans-Peter Rodenberg, der den von Selbtszweifeln geplagten Schriftsteller ins rechte Licht rückt, spannend, besonders als Vorbereitung eines Besuchs in seinem Wohnhaus/Museum in Key West!
Viel Spaß beim Planen und verreisen oder lesen!
Eure Michaela