»Hete lucht en stoom aanpassen« steht auf dem Display von meinem neuen Backofen und das ist der Moment, wo mir mal kurz die Sicherungen durchbrennen und ich einfach nur losheule.
Ja, mehr braucht es nicht: Hete lucht en stoom.
Muss der Scheiß Ofen holländisch sprechen?
Nicht genug, dass ich schon fast zwei Tage zur reinen Nahrungsbeschaffung brauchte: anderes Land, andere Sitten und zum Teil auch andere Produkte und dann diese Orientierungslosigkeit: wo gibt es in der neuen Umgebung gutes Fleisch, frisches Gemüse, Wein, einen Tannenbaum?
Und jetzt auch noch das, ein Backofen, bei dem ich die Bedienung erst googlen muss. Bin gespannt, wann das Weihnachtsmenü auf dem Tisch steht.
Und warum?
Warum muss ich mir das eigentlich jetzt noch antun, schon wieder von vorne anfangen, der dreizehnte Umzug, ein neues Land, eine neue Sprache?
Super, haben die Freunde gesagt, Amsterdam!
Da kommen wir euch mal besuchen, was habt ihr für ein Glück!
Aber jetzt in diesem Moment kann ich dieses Glück gar nicht empfinden.
Was nützt mir die saucoole Stadt ohne Freunde? Wenn man kaum etwas versteht ausser »Appelsap« und »betalen«?
Sich alles neu erarbeiten muss.
Wenn ich mir wieder einmal den Bäcker, die Änderungsschneiderei, meinen Frisör und den Frauenarzt suchen muss?
Ganz neu starten mit Job, Bekanntschaften, Freunden.
Dabei müsste ich dankbar sein, im Sommer wusste ich noch nicht mal, wo die Reise hingeht.
Erst hatte ich mich auf eine neue Wohnung in Berlin gefreut, dann hieß es plötzlich Dubai und schließlich Hongkong.
Jede Woche war eine andere Stadt im Gespräch, jede Woche habe ich mich mit Wohnungsanzeigen, Flugplänen und den Gepflogenheiten des jeweiligen Landes auseinandergesetzt und versucht, etwas Positives zu entdecken.
Und begeistert geplant, denn am Ende zählt der Job, wenn einem mit über 50 etwas angeboten wird, ist man erstmal dankbar, egal wo es einen hinverschlägt!!!
Grundsätzlich bin ich auch abenteuerlustig, immer bereit, etwas Neues zu entdecken, wohl wissend, alles verändert sich, ständig – auch wenn man die krassen Veränderungen gar nicht selbst herbeiführt.
Und dann, als alle Fahnen schon in Richtung Berlin wehten, kam Olaf plötzlich ins Bad geschossen:
»Nee, Berlin kannst du dir abschminken, Dubai wird es nicht und Hongkong auch nicht.«
Ob es überhaupt noch irgendwas wird, musste ich in dem Moment fürchten, denn er machte eine lange Pause und war ziemlich blass um die Nase.
»Es wird Amsterdam!«
Wow, das kam unerwartet.
Ich atmete tief durch und nahm ihn in die Arme.
»Besser geht‘s ja wohl nicht!«
Ich konnte mein Glück kaum fassen, Europa, eine spannende neue Stadt und doch nicht zu weit von unseren Jungs, denn die würden bei diesem Umzug nicht dabei sein und nur noch zu Besuch kommen.
Und wie schön: ich würde also zukünftig nicht erst von Hongkong zwölf Stunden fliegen müssen, nur um meine Familie zu sehen.
Und muss nicht aus lauter Langeweile und mangels anderer Aktivitäten durch klimatisierte Shoppingcenter in Dubai laufen, wo ich zwar an jeder Ecke sexy Unterwäsche von Victoria‘s Secret kaufen könnte, aber meinem Mann in der Öffentlichkeit nicht mal einen leidenschaftlichen Kuss geben dürfte.
Tausend Überlegungen und jetzt endlich eine Entscheidung.
Was für ein Glück! Amsterdam!
Und jetzt stehe ich hier, ziemlich verzweifelt vor meinem neuen Ofen und weiß dieses Glück nicht zu schätzen.
»Mum, du weißt das kann man umstellen? Auf deutsch oder englisch, was immer du willst!« sagt mein Sohn, als er in die Küche kommt.
»Klar!«, sage ich als hätte ich‘s gewusst.
Und seit wann wirft mich so eine Kleinigkeit komplett aus der Bahn?
Vielleicht ganz einfach deshalb. Die letzten Monate waren anstrengend: Umorientieren, abschließen, verabschieden und dann in Amsterdam eine Wohnung suchen, umziehen, einrichten, neu starten.
Vielleicht musste ich jetzt erstmal Dampf ablassen – Stoom heißt das auf Niederländisch, das habe ich ja gerade lernen dürfen.
Und jetzt lebe ich in einer wunderschönen Wohnung in einer extrem charmanten Stadt.
Es sieht schon richtig gemütlich aus, denn da bin ich schnell: der Kamin knistert, Spotify dudelt Weihnachtsmusik, draussen fahren die Ausflugsboote vorbei und lediglich der Backofen stellt noch ein klitzekleines Problem dar?
Aber das werde ich auch noch schaffen, genau wie alles vorher auch.
Andere suchen sich einen neuen Partner oder bekommen noch ein Kind, beginnen einen herausfordernden Job oder müssen sich im Leben ganz alleine orientieren.
Und ich bin nur mal wieder umgezogen, nichts Dramatisches, nur kopfüber in ein neues Leben, in ein neues Land, eine neue Stadt.
Was ist das Problem? Es gibt keines. Ich muss mich nur mal wieder sammeln, die Veränderung akzeptieren, mein Leben positiv sehen und mich der Herausforderung stellen.
Und während ich mit meiner Familie am Esstisch sitze und wir unser Weihnachtsfondue genießen, bin ich unendlich dankbar, dass ich so etwas erleben darf.
Denn es ist auch eine Chance und ich werde sie ausnutzen.
Dieser erste Post nach vielen Monaten Abstinenz ist auch mein Letzter in diesem Jahr und ein Neuanfang- denn ab 2018 geht es hier weiter mit Geschichten aus Amsterdam, meinem neuen Zuhause, Buchempfehlungen und allem, was ich so entdecke und mit was ich euch sonst noch so inspirieren kann.
Die Pause war unvermeidbar, aber jetzt habe ich wieder die Starttaste gedrückt und werde mich regelmäßig melden.
Ich freue mich auf Euch!!
Auf ein neues spannendes Jahr, Happy 2018!
Kisses, Michaela
Liebe Michaela,
schön das du wieder da bist….
du hast eine Menge in der kurzen Zeit gestemmt, Hut ab.
Ein erfülltes 2018 wünsche ich dir
liebe Grüße Nicole
Vielen Dank!!
Ja, es wird weitergehen, immer wenn ich Zeit habe. Dann gibt es sicher viel zu berichten. Grundsätzlich bin ich sehr happy und freue mich auf die neue Herausforderung,
von kurzen Ausnahmen abgesehen. Aber aller Anfang ist schwer und selbst, wenn ich weiss, wie es geht, denn ich habe schon so oft angefangen- dennoch ein Anfang bleibt ein Anfang und will bewältigt werden. Aber der erste Schritt ist getan und soweit ist ja Amsterdam gar nicht entfernt, wenn mal das Heimweh kommt!
Liebe Grüße und ein tolles und erfolgreiches neues Jahr!!! Michaela
Go Micha, Go! Und der Ofen soll sich mal nicht so wichtig machen… mit der Zeit wirst du ihm schon deine Specialities beibringen. Sure you will and keep up the spirits? hugs & plenty kisses von Susanne
Hi Susanne, na du weisst, wovon du sprichst!!! Den Ofen habe ich inzwischen bezwungen!! Interessant nicht, da lässt man sich monatelang nichts anmerken, schuftet, räumt, organisiert und ist bester Laune und dann „snapped“ man bei so einer Kleinigkeit?! Aber nun, es geht Bergauf, das Jahr 2018 wird hoffentlich sehr schön in der neuen Heimat: Amsterdam, here I come!!
Liebe Grüße, Micha
Liebe Michaela!
Habe deine Postings schon vermisst!
Freue mich, wieder etwas von dir zu lesen.
Alles Gute im neuen Jahr im neuen Land mit deinen Liebsten!!!!
Du schaffst das, davon bin ich überzeugt. Die Bilder sind wunderschön!
Schöne Stadt!
Genieße die Neuentdeckungen
🙂
Ganz liebe Grüße
Eva