Es gibt Bücher, die wirken lange nach, sie erweitern den Horizont, sie beglücken, sie bleiben.
Nicht nur als Erinnerung an einen schönen Roman, sondern als Nachschlagewerk für besondere Gelegenheiten. Immer dann, wenn man ein Zitat benötigt, dass einen aufheitern und weiterbringen soll.
So ein Buch ist der Roman: »Die vierzig Geheimnisse der Liebe« der türkischen Schriftstellerin Elif Shafak.
Viel zu lange ist dieses Buch unter vielen anderen auf meinem Nachttisch verstaubt und nur weil wir in der Bookclubrunde der Meinung waren, nach einem knallharten Thriller
(unser Book of the week #106 »Schwesterherz«) mal wieder etwas Sanftmütigeres lesen zu müssen, habe ich mich wieder daran erinnert und die anderen ermutigt, das Buch zu lesen.
Der Roman erschien 2010 zuerst in englischer Sprache unter dem Titel: »Forty Rules of Love«,
2013 folgte die deutsche Übersetzung.
Aber selbst jetzt hatte ich wieder das Gefühl, dass dieser Roman perfekt zur Stimmung passt, als wäre er genau für den Zeitgeist und die derzeitige politische und religiöse Lage der Welt geschrieben.
»Das einundzwanzigste Jahrhundert unterscheidet sich im Grunde gar nicht so sehr vom dreizehnten. Beide werden als Ära beispielloser religiöser Konflikte, kultureller Missverständnisse sowie einer allgemeinen Verunsicherung und Angst vor dem anderen in die Geschichte eingehen. In solchen Zeiten bedarf es der Liebe mehr denn je.«
In ihrem Roman verwebt die Autorin die Geschichte von Ella Rubinstein, einer Hausfrau und Mutter, die sich ihr Leben lang durch ihre Familie verwirklicht hat, aber selbst längst aufgehört hat, an die Liebe zu glauben mit der spirituellen Liebesgeschichte des persischen Dichters Rumi und seinen Freund, dem Wanderprediger Shams-e Tabrizi aus dem 13.Jahrhundert.
Und wie passt das alles zusammen?
Ella lebt das geordnete und gelangweilte Leben einer Hausfrau und Mutter in den Hamptons.
Die Tochter geht aufs College, die Teenager sind in der Pubertät und der Mann geht fremd, aber wenn sich alle in der Idylle des aufgeräumten Hauses beim gemeinsamen Essen wiederfinden, scheint das Familienleben perfekt.
Der vierzigste Geburtstag markiert einen Wendepunkt in Ellas Leben.
Als sie von einer Literaturagentur einen Job angeboten bekommt, kommt Bewegung in ihr sonst starr ausgerichtetes Denken über das tägliche Dinner-Menü.
Sie soll ein Gutachten über den ersten Roman eines unbekannten Autors erstellen.
Höchst unwillig lässt sie sich darauf ein, das Manuskript von »Süße Blasphemie« zu lesen, doch bereits nach den ersten Seiten beginnt sie, in eine völlig neue Welt einzutauchen, in eine Welt der allesumfassenden Liebe.
Fasziniert von der Geschichte versucht Ella mehr über den Autor in Erfahrung zu bringen und schreibt ihm eine Mail.
Der Briefverkehr, der sich daraus entwickelt, stellt ihr bisheriges Leben komplett in Frage.
Sie glaubt, das erste Mal in ihrem Leben zu wirklich zu lieben und wird gezwungen, eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen.
Ein wunderbarer Roman, der eine Liebesgeschichte, kluge Zitate, Geschichten wie aus Tausend und einer Nacht und Lebensweisheiten miteinander verbindet, ohne jemals ins Kitschige abzugleiten.
Wenn man sich erstmal darauf einlässt, belebt dieser Roman mit seiner Spiritualität und einer Fülle von Inspirationen:
Die vierzig Geheimnisse der Liebe von Elif Shafak.
Genre: Belletristik/ Roman aus dem Englischen von Michaela Grabinger (Originaltitel: Forty Rules of Love)
Verlag: Kein & Aber pocket, Zürich – Berlin
Seiten: 504
Bookclub-Rating: 2 Thumbs up!
Und wer mehr wissen will:
Am Anfang hat mich der Perspektivwechsel von Ellas Leben im heutigen Amerika zum Leben des Dichters Rumi und seines geistlichen Gefährten, dem »Soulmate« und Wanderprediger Schams ziemlich verwirrt.
Ich hatte absolut keine Ahnung von Rumi, den wohl berühmtesten Dichter und Mystiker des Islam, einer der bedeutendsten Dichter des Persischen und Gründer des Ordens der tanzenden Derwische (der Wanderprediger).
Und deshalb musste ich während des erstens Lesens ständig googeln und recherchieren.
Doch je mehr ich lernte, umso besser gefielen mir die Texte.
Schams lehrt seinen Freund die vierzig Geheimnisse oder besser Regeln der Liebe, die man ständig wieder nachlesen könnte, denn schnell wird klar: egal, ob im 13.Jahrhundert oder heute, egal wie viele Jahre, Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte dazwischen liegen, diese Regeln sind universell gültig, denn sie prägen und bestimmen unser Zusammenleben, nicht nur das zwischen Paaren, sondern das zwischen Menschen allgemein, ganz egal welchen Geschlechts, welcher Kultur oder Religion sie angehören.
Kein Wunder also, dass die Gedichte von Rumi in den letzten Jahren eine wahre Renaissance erlebt haben.
Die Übersetzungen der Verse und Dichtungen von Rumi, der als einer der Brückenbauer zwischen den Religionen, der Gemeinsamkeiten zwischen Christen, Juden und Muslimen angesehen wird, sind extrem populär geworden.
Und wer sich dafür interessiert, kann die sich mit dem folgenden Buch noch viel tiefer in das Thema einarbeiten.
In unser Bookclubrunde waren wir mal wieder geteilter Meinung über den Roman von Elif Shafak,
Johanna war eben so begeistert wie ich.
»Ein richtig schöner Roman, lehrreich und voller Güte, das hört sich vielleicht blöd an, aber so habe ich das beim Lesen empfunden, es ist die sanfte Auslegung des Islam, der wunderbare Versuch, alle Konflikte mit göttlicher Liebe zu lösen und alle Menschen zu einen, egal welcher Religion sie angehören. Ganz subtil versucht die Autorin, ihren Ansatz zu verdeutlichen, indem sie alle Religionen miteinander verbindet. Die Protagonistin Ella ist Jüdin, das Buch, das sie liest, handelt von den Sufisten und ihrer sanften Auslegung des Korans, der gesamte Roman ist in fünf Teile, in die fünf Elemente des Buddhismus eingeteilt; Erde, Wasser, Wind, Feuer und Leere und so fügt sich zumindest in diesem Roman alles ganz friedlich ineinander.«
»Ich fand den Roman etwas enttäuschend. Der Perspektivwechsel zwischen einem Prediger im 13.Jahrhundert und einer Hausfrau im Hier und Jetzt, tut mir leid, das habe ich nicht so locker wegstecken können und in der Kombi hat es mir nicht so gefallen.«, sagt Bea zu der Lektüre.
»Mir ging es ähnlich«, so Katrins Meinung, »allerdings konnte ich mehr mit der Geschichte des Dichters Rumi etwas anfangen, als mit der von Ella. Die gelangweilte Hausfrau liest einen Roman und verliebt sich in den Autor, den sie in der Hauptfigur des Romans wiederzuerkennen glaubt. Diesen abenteuerlichen Wanderprediger, der so viel weiser und spannender ist, als ihr sterbenslangweiliger Ehemann. So weit, so verständlich. Doch dann trifft sie den Autor persönlich und er, der wilde, unkonventionelle Fotograf und neu-konvertierte Sufist (Nicht Salafist!) verliebt sich in die langweilige Hausfrau? Da hakte es für mich und gibt deshalb Punktabzug.«
Insgesamt 2 Thumbs up! für diesen wirklich interessanten Roman über die 40 Geheimnisse der (göttlichen) Liebe, wer hier auf Geheimnisse der leidenschaftlichen Liebe hofft, liest vergebens. Ein anregendes Buch, auch wenn das Ende nicht 100% überzeugt.
Viel Spaß,
dieses Buch wird vermutlich ein Dauerbrenner auf Eurem Nachttisch und wenn es Euch genau so gut gefallen hat wie mir oder auch nicht, schreibt mir gerne einen Kommentar!
Eine schöne Woche wünsche ich Euch,
XXX Michaela
Ich freue mich auf Deinen Kommentar